Prince Rupert – Prince George – Jasper – Banff
Hi Folks!
Wenn wir länger nicht schreiben, hat das zwei Gründe: Wir erleben soviel, dass wir keine Zeit zum Schreiben finden oder die Internetverbindungen sind nicht stabil genug. Auf den letzten 1.600 km war beides der Fall.
Die Inside Passage nach Prince Rupert war schon immer ein Traum von uns. Zwei Tage haben wir im strömenden Regen auf dem Sonnendeck verbracht und uns an Gletscher, Inseln und Buckelwalen erfreut. Gefallen hat uns Petersburg; vielleicht kommen wir eines Tages mal dahin zum Paddeln.
In Prince Rupert erwartet uns Dauerregen. Wir wollen weiter; ist ein guter Tag um unsere Goretex-Kleidung zu testen. Der Test fällt beschämend aus. Im Dauerregen hält keine Jacke trocken; unabhängig vom Preis. Unserer Meinung nach, sind viele Outdoorprodukte für den Stadtindianer gefertigt. Optik geht vor Funktionalität.
Mit gemischten Gefühlen radeln wir den Yellowheadhywy zwischen Prince Rupert und Prince Geoge, auch Highway of Tears genannt. Auf diesem Abschnitt wurden in den letzten 50 Jahren sehr viele junge Frauen als vermisst gemeldet, mindestens 30 davon wurden nachweislich ermordert, überwiegend Angehörige der First Nation. Es gibt viele Spekulationen, Untersuchungen wurden offensichtlich erst eingeleitet, nachdem auch weiße Frauen betroffen waren. Frauenrechtsorganisatoren sprechen allgemeine Warnungen aus für alle weiblichen Touristen und Mitarbeiterinnen auf diesem Streckenabschnitt. Überall an der Strasse hängen große Poster von Vermissten! Täglich wurde uns geraten, auf Zeltplätzen zu übernachten. Begegnet sind uns nur liebenswerte Zeitgenossen, ein beklemmendes Gefühl blieb trotzdem.
In Moricetown beobachten wir unsere ersten beiden Schwarzbären in der Mittagspause am Fluß. Sie schlendern gemütlich auf der anderen Flussseite entlang, wir fühlen uns sicher und packen unseren Lunch aus. Sind die Bären flott, schneller als gedacht, schwimmt doch so ein kleiner Schwarzbär rüber in unsere Bucht, wir packen hastig unseren Lunch ein, vergessen unsere Wertsachen, eine Mitreisende verletzt sich mit ihrem Taschenmesser am Bein, der Bär schaut kurz zu uns rüber, null Bock auf Menschen und trottet von dannen. Schließlich ist Beerenzeit und der Fluss voller Lachse. Mittlerweile haben wir sieben Bären entspannt beobachtet. Interessiert hat sich keiner für uns und das ist gut so. Wir halten die Bären wild, unsere Übernachtungsplätze sauber. Übertrieben fanden wir die Sicherheitsmaßnahmen auf dem Campingplatz am Lake Louise. Dort werden die Camper sicher verwahrt. Der Platz ist eingezäunt (Elektrozaun), am Eingang mit einem Texas-Gate versehen (steht ebenfalls unter Strom) und die Radler nutzen das Tor für die Fußgänger.
Richtig spannend wird es auf dem Icefield Parkway zwischen Jasper und Banff; unserer absoluten Traumstrasse. Leider finden das auch viele andere Menschen. Massentourismus mit den entsprechenden Nebenwirkungen. Für uns noch ganz harmlos, viele Zeltplätze sind ausgebucht. Für Radler gibt es möglicherweise freie Behindertenplätze oder auch schon mal einen Gruppenplatz mit ein wenig mehr Luxus. Wenn nichts geht, suchen wir uns einen netten Hauptmieter, mit dem wir einen Platz teilen. Das hat zu sehr netten Begegnungen geführt. Dorothhee z.B. brauchte ein wenig Bedenkzeit, fand uns aber ganz sympathisch und wir durften unser Zelt in der Einfahrt aufbauen. Wir haben einen sehr netten Abend mit Ihr verbracht, sie hat uns bekocht und betütelt. Wie sich herausstellte, kamen wir sehr gelegen. Dorothee hatte zuviel Essen eingekauft, Burger, Salat und Kartoffeln; das war perfekt für uns. Nach dem Essen sind wir gemeinsam zum Fluß spaziert. Offensichtlich konnte sie unsere Gesellschaft gut genießen. Als wir um 6 Uhr 30 aufwachten, war der Kaffee fertig und für uns gab es ein Campfire-Frühstück. Verabschiedet haben wir uns wie gute Freunde. Dorothee, 75 Jahre alt, liebt die Natur und das Campen in den Nationalparks. Und weil das so ist, fährt sie auch ohne Familie raus. Die reden ihr eh nur ein, dass sie dafür zu alt ist. Uns hält sie für viel verrückter und findet darin die Bestätigung für ihre Unternehmungen.
Ein sehr nettes Ehepaar haben wir immer mal wieder getroffen. Chris und Heather aus Quesnel, beide sehr erfahrene Radler, mittlerweile im Ruhestand, haben uns viele Tipps gegeben. Die beiden zieht es in der Regel in den Süden, eine mehrmonatige Fahrradreise in der näheren Umgebung ist da eher die Ausnahme. Gestartet auf Haida Gwaii, radeln sie gen Osten bis nach Manitoba. Es ist immer wieder schön, Gleichgesinnte auf der Strasse zu treffen. Gestern haben wir darüber nachgedacht, Ersatzteile für unsere Räder zu bestellen. Kurz darauf stoppen Ute und Nico; wir teilen unseren Zeltplatz und können zu unserer großen Freude die gesuchten Ersatzteile von ihnen kaufen, da die beiden in einer Woche nach Hause fliegen. Es ist immer schön zu sehen, wie sich alles wie ein Puzzle zusammenfügt.
Plätze, die uns sehr beeindruckt haben:
Francois Lake, Bow Summit Lookout mit dem Peyto Lake, Bow Lake oder auch Lake Louise. Landschaften wie gemalt, natürlich der Mt. Robson, den wir leider nur im Nebel gesehen haben. Grandiose Ausblicke auf Gletscher, Flüsse und Berge.
Alle diese Orte besser nicht zur Hauptreisezeit besuchen. Im August ist alles hoffnungslos überlaufen, Campingplätze werden vorsorglich morgens ab 8 Uhr besetzt, wenn die Online-Buchung nicht möglich ist.
Die Tage werden kürzer, die Nächte kälter (3°) und morgens freuen wir uns über unsere Daunenjacken. Wir geniessen das draussen sein. Gewitter und Hagel sind zum Glück die Ausnahme. Einmal hat es uns richtig erwischt, dicke Hagelkörner haben blaue Flecken auf dem Handrücken hinterlassen.
Viel Spaß mit unseren Bildern. Wir gehen jetzt ins Bett und fahren Morgen gen Süden.
Über einige Pässe geht es zum Waterton NP und weiter in den Glacier NP(einem der schönsten amerikanischen NP).